Dann doch Schneller zu Linux

Das ging dann nun doch wesentlich schneller als gedacht. Ich las, das Zorin OS eine neue Beta Version heraus gebracht hat und dort einige Funktionen eingebaut wurden, die in der Vergangenheit unter Linux nur ziemlich trickreich mit entsprechenden Kenntnissen umzusetzen waren. Da ich Zorin OS 12 in der Vergangenheit auch schon in virtuellen Maschinen am Laufen hatte und es mir an gewissen Stellen sehr zusagte, gab ich ihm eine erneute Chance.

Ich liebe einfache System, die aus dem Stehgreif heraus funktionieren, die mir aber dennoch die Möglichkeit geben, sie aufzubohren. Klar geht das auch unter den Microsoft-Systemen bis zu einem gewissen Grad. Aber hier stört mich vor allem eines: Die dezentrale Updatestruktur. Seid ehrlich: Ihr habt ein Windows-Betriebssystem und kümmert euch nur bedingt um die Updates. Ihr seid der Meinung, dass das System läuft und sich meldet, wenn irgendwas aktualisiert werden muss. Oder es im Idealfall ganz von alleine machen würde. Denn ich rede hier von den 08/15 Anwendern, nicht von denjenigen, die den PC wirklich ‚verstehen‘ und technisch versiert sind. Und dadurch sind wohl die wenigsten installierten Windows Betriebssysteme und noch weniger Programme wirklich aktuell. Das ist keine Vermutung, sondern zeigt sich daran, dass heute noch über 2% der Internetnutzer mit Windows XP unterwegs sind. Und selbst Windows 10 wird von den Nutzern nicht auf die aktuelle Version gebracht.

Sorry, die meisten Menschen sind nur einfache User. Sie nutzen ein System, es funktioniert und es ist gut – wenn es mal nicht funktioniert sind sie aufgeschmissen. Das ändert sich übrigens nicht, wenn man Linux nutzt. Das System ist zwar an vielen Stellen besser aufgestellt als Windows, aber es macht den Anwender nicht schlauer ?.

Was Linux aber anders macht und wodurch es gerade für den Laien das bessere System ist: Fast alle verfügbaren Programme können über eine Oberfläche (Start -> Software) gesucht und per Klick installiert werden. Kein rumsuchen auf irgendwelchen Webseiten und herunterladen von verseuchten Dateien aus Quellen, die nicht vertrauenswürdig sind. Und alle installierten Programme werden automatisch aktualisiert. Es gibt nur eine kleine Information, was alles aktualisiert wird, man klickt auf ‚Aktualisieren‘ und arbeitet einfach weiter.

Zudem ist eine Menge an Software schon von Anfang an an Board, so dass man nicht erst lange suchen muss. Gerade, wenn man nicht auf eine spezielle Programme fixiert ist, stellt der Wechsel zu Linux kein Problem dar. Im letzten Beitrag schrieb ich über die Programme, die mich bisher von einem Wechsel abhielten.

Nun habe ich also auf einer zweiten Festplatte das neue Zorin OS 15 als Beta-Version installiert. Die Installation war innerhalb kürzester Zeit erledigt und das System lief ‚out of the Box‘. Der Screenshot zeigt das System nach dem Start. Bei der Installation wählt man einfach die gewünschte Sprache aus, so dass dann auch alles in deutsch zu lesen ist .

Zorin OS 15
Quelle: Zorin OS

Es wurden alle Hardware-Komponenten meines Rechners und auch der Drucker ohne weitere Einstellungen direkt installiert und waren verfügbar. Auch die Grafikkarte wurde gleich mit dem passenden Treiber installiert, eine Sache, die in manchen Linux-Systemen erst noch einen weiteren Schritt benötigt (aber auch nur für Personen relevant ist, die ‚Zocken‘ wollen).

Zorin OS bringt gleich ein E-Mail-Programm (Evolution, optisch ähnlich Thunderbird), den Firefox Webbrowser, LibreOffice, Videoplayer und vieles mehr mit. Ein einfacher Dialog bindet bei Wunsch Google Drive oder andere Cloudanbieter ein und stellt dann auch gleich den Kalender, die notwendigen E-Mail-Einstellungen und Kontakte bereit. Alternativ stehen Aber auch Thunderbird, Chromium, VLC und massig andere Alternativen zur Verfügung.

Bis hier hin ist der Standard-Nutzer mit allem was er benötigt bedient und erhält ein schnelles und bereits in der Beta extrem stabiles System.


Nun zu den für mich wichtigen Programmen, die ich aus der Windows-Welt herüber nehmen wollte.

  • WT Bibliothek
  • Notepad++
  • Steam für Cities Skylines
  • Epic Games Launcher für Subnautica
  • JW Library
  • Paint.NET

Wine

Da mir klar war, dass ich für die WT Bibliothek Wine benötige, habe ich das zuerst installiert. Dies kann man im Programmmanager von Zorin OS mit einem einfachen Klick auswählen und auch die sogenannten Winetricks. Wer Probleme bei dieser Installation hat, kann das Terminal (Start -> Hilfsprogramme -> Terminal) aufrufen, folgende Befehle zeilenweise kopieren und einzeln nacheinander ausführen.

sudo dpkg --add-architecture i386
wget -nc https://dl.winehq.org/wine-builds/winehq.key
sudo apt-key add winehq.key
sudo apt-add-repository https://dl.winehq.org/wine-builds/ubuntu/
sudo apt-get update
sudo apt-key adv --keyserver keyserver.ubuntu.com --recv-key 76F1A20FF987672F
sudo apt-get install --install-recommends winehq-stable

WT Bibliothek

Die WT Bibliothek-DVD einlegen (oder die heruntergeladene ISO-Datei doppelklicken / mit Rechts-Klick als Laufwerk einhängen), in den Installationsordner wechseln und die Setup-Datei (WTLSetup.exe) starten. Der Rest geht quasi von alleine und entspricht der Installation unter Windows.

Notepad++

Mein Lieblings-Text-Editor Notepad++ lässt sich bei Zorin OS schnell über die Programmauswahl installieren. Sollte aus irgendeinem Grund Notepad++ in der Suche der Software-Auswahl nicht gefunden werden, ist es nötig, manuell Snap zu installieren. Dazu im Terminal folgende Befehle manuell zeilenweise kopieren und ausführen:

sudo apt install snapd
sudo snap install notepad-plus-plus

Als Linux-Alternative, die kein Wine benötigt, steht aber Notepadqq zur Verfügung. Notepadqq kann einfach über Start -> Software – Suche installiert werden, sofern Snap installiert ist. Die mir wichtige Funktion ’spaltenweises Markieren‘ und Programmiersprachen-Systax-Hervorhebung sind dort ebenfalls beinhaltet. Für meinen Alltag an CSS Editierung und Co reicht das aus.

Steam – Cities Skylines

Der Steam-Client lässt sich ebenfalls über das Software-Center installieren und darin dann auch alle Linux-tauglichen Spiele. Und tatsächlich: Die Performance von Cities Skylines entspricht nun fast dem, was ich von Windows kannte und das alte ‚Lüfter-Problem‘ ist auch gelöst. Wenn ich das System auf eine SSD umziehen lasse, wird es sicher genau so schnell laufen wie unter der Windows-Installation.

Ich empfehle noch eine Verknüpfung für die installierten Spiele auf dem Desktop zu erstellen, dann muss nicht immer zuerst manuell Steam gestartet werden.

Epic Game Launcher

‚Angestachelt‘ von dem überraschenden Erfolg mit Cities Skylines entschied ich mich, auch den Epic Game Launcher zu installieren. Anders als bei Steam gibt es hier jedoch keine Linux-Version. Also versuchte ich einen Umweg. Lutris ist ein Gaming-Client für Linux. Trotz verschiedener Meldungen im Internet, dass Epic nicht funktionieren würde probierte ich es. Die folgenden Befehle installieren Lutris:

sudo add-apt-repository ppa:lutris-team/lutris
sudo apt-get update
sudo apt-get install lutris

Auf der Lutris Webseite dann einen Account erstellen, aktivieren und einloggen. Dann die Lutris Webseite für den Epic Game Launcher aufrufen und „Add to my Library“ anklicken. Danach auf dem Rechner Lutris aufrufen (Start -> Spiele -> Lutris) und den angezeigten Epic Game Launcher Starten. Danach läuft die Installation der Spiele wie unter Windows gewohnt.

Da es sich jedoch quasi um eine ineinander verschachtelte Installation handelt, können keine Verknüpfungen zu den einzelnen Spielen auf dem Desktop angelegt werden, sondern nur zu dem Epic Game Launcher. Aber dieser eine zusätzliche Klick ist zu verschmerzen, denn die Performance sowohl von Subnautica, als aus Subnautica Below Zero steht der unter Windows in nichts nach!

JW Library

Die JW Library ist als App nur für Android, Windows und Mac verfügbar. Eine Linux-Version sucht man vergebens. Nun habe ich überlegt, ob ich nun über ein virtuelles Windows in Virtualbox die JW Library installieren soll, oder aber den Weg über Android gehe. Ich wollte eh Android unter Linux ausprobieren, also installierte ich Anbox. Die Terminal-Befehle dazu lauten:

sudo add-apt-repository ppa:morphis/anbox-support
sudo apt update
sudo apt install anbox-modules-dkms
sudo snap install --devmode --beta anbox
snap refresh --beta --devmode anbox

Danach befindet sich unter Start -> Sonstiges der Anbox Application Manager in dem man dann auch die JW Library installiert werden konnte.

Leider läuft Anbox noch nicht so stabil, dass es Sinn macht damit zu arbeiten. Daher habe ich mich entschieden, es wieder zu deinstallieren. Die Terminal-Befehle dazu lauten:

snap remove anbox
sudo apt install ppa-purge
sudo ppa-purge ppa:morphis/anbox-support

Ich werde Anbox aber weiter beobachten und bei größerer Stabilität und Geschwindigkeit davon berichten.

Da ich für Paint.NET eh auf eine virtuelle Maschine zurückgreifen muss, ist es nicht weiter tragisch, auch die JW Library App darin zu installieren.

Paint.NET

Mein Lieblings-Bild-Bearbeitungsprogramm ist nur unter Windows verfügbar und eine Installation unter Wine oder Crossover ist bisher leider (noch?) nicht möglich. Daher habe ich Virtualbox installiert und dort ein sauberes, aktuelles Windows 10 aufgesetzt. In diesem sind nun Paint.NET und die JW Library installiert.

Als Alternative ist Krita meiner Meinung nach gut geeignet – zumindest für jemanden wie mich, der sich mit Gimp nicht anfreunden kann. Krita kann einfach über die Softwareverwaltung installiert werden.

Krita wird in englischer Sprache ausgeliefert, kann aber über den folgenden Befehl im Terminal auf Deutsch umgestellt werden.

sudo apt-get install krita-l10n kexi-data calligra-data

Mit dem G’Mic Plugin können sogar noch weitere Filter hinzugefügt werden. Dieses Plugin entpacken, die darin enthaltene Datei gmic_krita_qt in einem beliebigen Ordner speichern und in Krita unter ‚Einstellungen‘ -> ‚Krita einrichten‘ -> G’Mic – QT Integration eintragen. Leider ist G’Mic selbst nur in englischer Sprache verfügbar.


Tatsächlich funktioniert das System so gut, dass ich faktisch komplett umgestiegen bin. Noch ist die SSD mit dem installierten Windows 10 im Rechner vorhanden, aber es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis diese SSD in einem anderen PC eingebaut wird und hier eine größere SSD die Heimat für das Zorin OS bietet.